SCHLAF,  STILLEN

Familienbett: Gefährlich oder nur eine Frage der Kultur?

Was hast du vor Augen, wenn ich dir sage: „Denke an ein schlafendes Baby!“? Siehst du ein zuckersüßes Baby in einem kleinen Babybett mit Himmel oder siehst du es in einem großen normalen Bett neben den Eltern? Diese Frage kann man mit großer Sicherheit beantworten, wenn man weiß, woher du kommst. In unseren westlichen Kulturen, vor allem in Mitteleuropa und die USA, gilt es – meistens – als normal, dass das Baby in einem eigenen Babybettchen liegt. In den meisten anderen Kulturen ist ein Familienbett, in denen die Eltern mit ihren Kindern, oft bis zum Pubertätsalter, in einem Bett gemeinsam schlafen, die Normalität, auch wenn in manchen gut situierten, westlich orientierten Bevölkerungsgruppen auch das Babybett in einem eigenen Zimmer langsam populärer wird. Diese Entwicklung kann man auch in den westlichen Kulturen sehen: Immer mehr Familien entscheiden sich für ein Familienbett. Für manche Familien steht dieses Schlafarrangement schon vor der Geburt fest und andere, erstaunlich viele Familien schlafen erst im Laufe des ersten Lebensjahres des Babys, beispielsweise nach oder trotz des Beistellbettes, welches neben dem Bett steht, oder sogar erst später, weil das Kleinkind, sobald es selbstständig aus dem Bett klettern kann, jede Nacht zu den Eltern ins Bett schleicht, gemeinsam in einem großen Bett.

Ist das Familienbett nicht gefährlich für das Baby?

Trotz des sich hartnäckigen Gerüchtes, dass das gemeinsame Schlafen mit einem Baby gefährlich wäre, lässt sich aus wissenschaftlicher Sicht ganz klar sagen: Nein! Inzwischen häufen sich sogar wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass ein zu frühes alleine in einem anderen Raum zu schlafen, gefährlich für ein Säugling ist – das bedeutet, und so lauten auch die aktuellen Empfehlungen zum Babyschlaf – mindestens in den ersten 12 Monaten, also mindestens das ganze erste Lebensjahr sollte ein Baby, auch was die SIDS-Prävention angeht, mit den Eltern in einem Raum schlafen. Der plötzliche Kindstod hat – so vermutet man – seine Ursache in Atemaussetzern, die in zu tiefem Tiefschlaf auftreten. Wenn Säuglinge gemeinsam mit ihren Eltern in einem Raum schlafen und sie eben durch die Geräusche der Eltern immer wieder in leichteren Schlaf zurückgeholt und so auch immer wieder zum Schlafen animiert.

Und in einem Bett gemeinsam mit den Eltern? Die WHO und Unicef empfehlen in einer Methastudie zum Plötzlichen Kindstod (SIDS) sogar das Familienbett: Stillen nach Bedarf und das Schlafen im Familienbett senken gemeinsam wohl sogar das SIDS-Risiko um 50 Prozent.

Es gibt auf alle Fälle bestimmte Faktoren, die gegen ein gemeinsames Schlafen mit dem Baby sprechen würden. In diesen Fällen sollte das Baby auf alle Fälle in einem Beistellbett liegen oder neben dem Elternbett in einem eigenen Babybettchen liegen.

Wann sollte ein Baby nicht mit den Eltern in einem Bett liegen?

  • Alkohol- oder Drogenkonsum der Eltern
  • Einnahme sinneseinschränkender Medikamente der Eltern
  • Eltern sind oder ein Elternteil ist Raucher
  • sehr starkes Übergewicht (ausgeprägte Adipositas)
  • keine ausreichende Sicherung um das Bett herum, wenn es nicht nur auf dem Boden liegende Matratzen sind

Alkohol- und/oder Drogenkonsum kann die Sinne so sehr beeinträchtigen, sodass man über das Baby hinweg rollen könnte, weshalb dieser Umstand ein absolutes Ausschlusskriterium für das Familienbett gilt. Dies betrifft auch die Einnahme bestimmter Medikamente, welche die Sinne vernebeln. Sehr starkes Übergewicht gehört auch zu den Risikofaktoren.

Sicherheitsempfehlungen für das Familienbett

  • Baby liegt nur neben (stillenden) Mutter, nicht in der Mitte neben dem anderen Elternteil
  • eigener Schlafsack für das Baby (oder auch gar nichts, falls das Baby schwitzt)
  • keine Decken, Kissen (auch kein eigenes Babykissen), Spielzeug, Kuscheltiere usw. in Griffweite des Baby
  • vor dem Schlafengehen ausreichend lang und gut lüften oder dauerndes Lüften, wenn das Baby nicht in Zugluft liegt
  • optimale Raumtemperatur 18-22 Grad
  • Babyphone nicht zu nah platzieren, etwa 1 Meter (beachte die Gebrauchsanweisung)
  • Ausreichender Schutz vor Rausfallen vorhanden

Im besten Fall liegt ein Baby direkt neben der stillenden Mutter in einem Bett, denn wenn eine Frau stillt, schläft sie bedingt durch die Hormone, die durch das Stillen entsehen, nur sehr leicht und kann so auf das Baby im Schlaf reagieren und überprüft – erstaunlicherweise – sogar im Halbschlaf, ob es dem Baby gut geht. In diesem sogenanntem Ammenschlaf passt die stillende Mutter sogar ihre Schlafzyklen an die des Kindes an. Der Ammenschlaf wird durch die Stillhormone hervorgerufen und nicht stillende Müttern schlafen nicht so. Daher wird Eltern empfohlen, die ihr Kind mit Pulvernahrung füttern ihr Kind wenigstens in den ersten Lebensmonaten in einem Beistellbett schlafen zu lassen. Jedoch gibt es natürlich genug Familien, die PRE-Nahrung geben, und trotzdem entspannt ohne jegliche Schwierigkeiten gemeinsam schlafen vom ersten Tag an. Dies ist eine persönliche Abwegung, die jede Familie für sich selbst treffen sollte.

Vorteile des Familienbetts (gilt z.T. auch für Beistellbett)

  • regelmäßiges, nächtliches Stillen: wichtig für die Gewichts-, Hirn- und ganzheitliche Entwicklung im gesamten ersten Lebensjahr
  • Eltern, vor allem stillende Mütter, schlafen besser im Familienbett, man muss nicht Aufstehen
  • Aufwachphasen des stillenden (oder auch fütterndem) Elternteil und des Babys sind kürzer
  • Wieder-Einschlafen geht schneller, da gar nicht richtig wach
  • kein nächtliches Aufstehen nötig
  • nächtliches Nähebedürfnis des Babys (und auch Klein-, Kindergarten- oder manchmal auch des Schulkindes) wird erfüllt
  • positive Effekte für psyschisch-emotionale Entwicklung (im Vergleich zu Schreien lassen „Ferbern“/ ins eigene Bett entgegen der klar gezeigten Bedürfnisse eines Babys und Kleinkindes)
  • nächtliche Berührungen verstärken noch einmal den Schutz vor zu tiefem Schlaf und Atemaussetzern
  • gemeinsam mit Stillen: Reduktion des SIDS-Risikos um 50 %

Nachteile des Familienbetts

  • oft Umbau und/oder Umstellen des Elternbettes nötig
  • sexuelle Nähe zwischen den Eltern an anderen Orten (ob Nachteil oder irrelevant darf jedes Elternpaar für sich selbst entscheiden, aber dieser Teil der Partnerschaft ändert sich meist sowieso mit der Geburt des Babys)

JEDE Familie sollte ihren eigenen Weg finden dürfen. Eltern müssen – mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Kindes und der allgemeinen Sicherheitsempfehlungen – das Schlafarrangement finden, das für alle Familienmitglieder funktioniert und bei dem es allen Familienmitgliedern gut geht.

VONELTERNFÜRELTERN

Das Familienbett: Nur eine Frage der Kultur!

Wie wir nun festgestellt haben ist das Familienbett nicht als gefährliches Schlafarrangement zu betrachten. Unter der Beachtung der oben genannten Sicherheitsvorkehrungen, ist das Familienbett eine sichere Schlafumgebung. Es bietet auch einige Vorteile, nicht nur für das Baby, sondern auch für die Eltern. Kein Wunder also, dass das Familienbett in vielen Kulturkreisen die Normalität ist und dies nicht nur aus finanziellen bzw. räumlichen Gründen. Auch in „kleineren“ Kulturkreisen in unserer westlichen Gesellschaft ist das Familienbett das übliche Schlafarrangement. So haben wir Freunde, in deren Bekanntenkreis ist das gemeinsame Schlafen in Familienbett total normal. Bei unseren allermeisten Freunden und Verwandten ist das Familienbett eine Kuriosität und fast schon verpönt.

Wie schlafen wir eigentlich als Familie?

Nach diesem langen und positiven Text über das Familienbett, könnt ihr es euch sicherlich schon denken: Wir schlafen mit unserem Kind gemeinsam im Familienbett. Unser Kind ist bereits kein Baby und auch kein Kleinkind mehr. Dass wir so zusammen und auch noch so lange im Familienbett schlafen, haben wir nicht geplant und auch niemals gedacht oder sogar vermutet. In der Schwangerschaft haben wir geplant, dass unser Baby solange in einem Beistellbett schlafen soll, wie es gut reinpasst und danach kommt es in ein Babybett – wie man das halt so macht, oder?! Nun ja, dann war unser Baby auf der Welt; klein, zart und nach einer Weile mit einem unbändigem Bedürfnis nach Nähe. Sie ließ sich nach den ersten Wochen, in denen sie einfach so immer und überall eingeschlafen ist, kaum noch ablegen, geschweige denn nach dem Einschlafen ins Beistellbett legen. Unsere Hebamme fragte verwundert, ob unser Baby denn wirklich in dem Beistellbett schlafen würde. Hannah bestätigte es, denn wir kannten keine andere Möglichkeit, obwohl die Nächte sehr anstrengend waren für Hannah durch das ständige Aufwachen beim Versuch nach dem Stillen unsere Tochter ins Beistellbett zu legen, denn einfach im Bett liegend – trotz totaler Müdigkeit – schlief sie einfach nicht ein. Der Nachtschlaf wurde so eigentlich zu einem immer größeren Problem, das konnte Hannah unserer Hebamme irgendwie nicht sagen. Doch unsere Hebamme erzählte uns, dass ihre Kinder und auch viele Babys, die sie als Hebamme betreut, nicht so gut im Beistellbett oder Babybetten schliefen und, dass es wohl in den meisten Fällen auch für die Mutter entspannter ist, wenn sie das Baby direkt neben sich legt, sie im Liegen stillt und das Baby einfach da liegen bleiben kann. Und es sei auch gar nicht schlimm oder gefährlich für das Baby, direkt neben der Mama zu schlafen; wir sollen uns doch einfach mal zum Thema Sicheres Familienbett, wenn uns das interessiert, belesen. Und da saßen wir, völlig verwirrt, als sei unser Weltbild zerstört, und versuchten das für uns klar zu bekommen. Nach vielem Lesen verschiedener Quellen im Internet, vor allem auf der Internetseite von Dr. James McKenna, waren wir uns sicher mit dem gemeinsamen Schlafen. So fing Hannah an, unser Kind zunächst in den Morgenstunden, in denen es besonders unruhig schlief, aus dem Beistellbett zu holen und neben sich zu legen. Immer früher holte Hannah unsere Tochter aus dem Beistellbett zu sich bis sie die ganze Nacht direkt neben Hannah mit unserem Bett lag. In den ersten Monaten war unsere Tochter nur zweimal nachts wach und seit dem können wir alle gut schlafen. Nach diesen ersten Monaten veränderte sich der Schlaf unseres Kindes noch einmal, doch das ist ein weiterer Artikel zum Schlafentwicklung bei Babys und Kleinkindern…

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